Inland

Nachdem sich der deutsche Kanzler Olaf Scholz (SPD) gestern dafür ausgesprochen hat, schwere Straftäter auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben, zieht nun auch die Schwesterpartei SPÖ nach. Klubobmann Philip Kucher sagte gestern gegenüber der ZIB2, die SPÖ unterstütze diesen Vorstoß, „denn wer Mord und Terrorismus bejubelt, ist in Wahrheit kein Schutzsuchender“. Es brauche hier „ganz klare Konsequenzen des Rechtsstaats, beginnend mit hohen Haftstrafen bis hin zu Abschiebungen“, so Kucher weiter.

Der Debatte vorausgegangen war der tödliche Messerangriff auf einen Polizisten in Mannheim letzte Woche. Ein 25-jähriger Mann aus Afghanistan hatte auf dem Mannheimer Marktplatz Mitglieder der Anti-Islam-Bewegung Pax Europa mit einem Messer angegriffen. Der Polizist wurde dabei schwer verletzt und verstarb am Sonntag.

FPD dafür, Grüne skeptisch

Scholz bezeichnete den Angriff in einer Regierungserklärung zur Sicherheitslage im deutschen Bundestag als „Terror“ und forderte als Konsequenz, schwere Straftäter auch nach Afghanistan und Syrien abzuschieben und zudem die Verherrlichung terroristischer Straftaten zu einem Abschiebegrund zu machen. Skeptisch zeigte sich der grüne Koalitionspartner im Hinblick auf die Durchführbarkeit solcher Abschiebungen. Die FPD hingegen unterstützt einen schärferen Kurs.

Karner sieht sich bestätigt

Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sieht sich dadurch bestätigt, er fordere Ähnliches schon lange. Es spreche nichts gegen Abschiebungen von Extremisten direkt nach Afghanistan und Syrien. Auch wenn das wohl eine Zusammenarbeit mit dem Taliban-Regime bedeuten würde.

Es werde notwendig sein, „mit diesen Menschen in Syrien und in Afghanistan die entsprechenden Kontakte zu haben, damit diese Vorhaben auch gelingen“, hielt er in der ZIB2 fest. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) kündigte in einer Stellungnahme an, in dieser Frage eng mit Deutschland zusammenarbeiten zu wollen.

Janik: „Bedeutet Zusammenarbeit mit Taliban“

Für viele westliche Länder seien Abschiebungen nach Afghanistan ein Tabubruch. Sie wären nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar, sagte der Völkerrechtsexperte Ralph Janik gegenüber der ZIB2. „Der Innenminister der Taliban ist ein international gesuchter Terrorist.“ Mit diesem müsste man dann zusammenarbeiten. Zum anderen würde man mit einer Zusammenarbeit die Taliban „faktisch anerkennen“, so Janik.

Darüber hinaus gebe es keine rechtlichen Mindeststandards in Afghanistan und Syrien. Abgeschobenen Verbrechern würden Erniedrigungen und Folter drohen. „Das ist eben der Grund, warum zum gegenwärtigen Zeitpunkt Abschiebungen in einige Länder rechtlich nicht möglich sind“, so der Völkerrechtsexperte.

Vor dem Krieg geflüchtete Ukrainerinnen und Ukrainer sollen einen auf Dauer ausgerichteten und unbeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt in Österreich erhalten. Der Sozialausschuss des Nationalrats brachte gestern eine entsprechende Ausweitung der Rot-Weiß-Rot-Karte plus auf den Weg Richtung Beschluss im Plenum. ÖVP, Grüne und NEOS stimmten dafür, berichtete die Parlamentskorrespondenz.

Betroffene sollen die Rot-Weiß-Rot-Karte plus erhalten, wenn sie innerhalb der letzten 24 Monate zumindest zwölf Monate über der Geringfügigkeitsgrenze beschäftigt waren und selbsterhaltungsfähig sind. Das trifft laut Erläuterungen derzeit auf etwa 7.000 Vertriebene zu. Auch Personen, die als GSVG-Versicherte einer selbstständigen Tätigkeit nachgegangen sind, sollen die Rot-Weiß-Rot-Karte plus erhalten können.

Gleichzeitig sollen auch für die anderen Vertriebenen Vorkehrungen für den Fall getroffen werden, dass ihr Sonderaufenthaltsstatus auslaufen sollte. Darüber hinaus sieht das vorgelegte Fremdenrechtspaket vor, vertriebene ukrainische Jugendliche in die in Österreich geltende Ausbildungspflicht bis zum 18. Lebensjahr einzubeziehen. In Kraft treten soll die Novelle mit 1. Oktober 2024.

Die Trauerfeierlichkeiten für Österreichs erste Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein finden am 14. Juni statt. Das teilte das Kanzleramt gestern mit. Gestartet wird das „staatliche Begräbnis“ mit einer Aufbahrung des Sargs im Stephansdom.

Nach einem von Kardinal Christoph Schönborn geleitetem Requiem wird Bierlein in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof beigesetzt

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Österreichs erste Regierungschefin und VfGH-Präsidentin war am Montag kurz vor ihrem 75. Geburtstag verstorben.

Die Aufbahrung wird öffentlich sein und von 7.00 bis 10.00 Uhr dauern. Eine Stunde danach startet das Requiem, in dem der Verstorbenen gedacht wird. Im späteren Verlauf des Tages wird ihr Leichnam auf dem Zentralfriedhof zu Grabe getragen.

Bierlein arbeitete für Staatsanwaltschaft und Oberstaatsanwaltschaft Wien, die Generalprokuratur und den Verfassungsgerichtshof, den sie 2018 und 2019 auch leitete. Nach dem „Ibiza-Skandal“ wurde die Wienerin von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zur Kanzlerin einer Expertenregierung ernannt. Genau fünf Jahre nach ihrer Angelobung starb sie diese Woche nach kurzer schwerer Krankheit.

EU

Bei der Europawahl in den Niederlanden liegt das Bündnis von Oppositionsführer Frans Timmermans laut einer Nachwahlbefragung (Exit-Polls) knapp vor der Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders.

Das Bündnis Groenlinks/PvdA von Grünen und Linken des ehemaligen EU-Kommissars Timmermans gewann den Angaben zufolge acht Sitze, die PVV von Wilders sieben, wie eine Nachwahlbefragung des Rundfunksenders NOS gestern ergab. Die Wählerinnen und Wähler in den Niederlanden hatten EU-weit als Erstes ihre Stimmen für das Europaparlament abgegeben.

Stimmabgabe in den Niederlanden
APA/AFP/John Thys

Zuvor war nach Umfragen erwartet worden, dass die Wilders-Partei erstmals eine Europawahl gewinnen würde. Vor fünf Jahren zog sie mit nur einem Abgeordneten in das Europaparlament ein. Der Rechtsaußen-Politiker hatte mit seiner Anti-Islam-Partei im November überraschend die nationale Parlamentswahl gewonnen und wird nun mit drei weiteren rechten Parteien regieren.

Bis Sonntag wird gewählt

Bis Sonntag wählen die Bürgerinnen und Bürger in den EU-Mitgliedsstaaten ihre Abgeordneten für das Europäische Parlament. Heute begehen Irland und Tschechien ihren Wahltag, morgen ist es in Lettland, Malta und der Slowakei so weit. In Italien startet die Wahl morgen Nachmittag und endet am Sonntagabend.

In Österreich wie in den meisten anderen Mitgliedsstaaten geht der Urnengang am Sonntag über die Bühne. Etwa 3,67 Millionen Menschen sind wahlberechtigt, knapp 46.000 davon haben ihren Hauptwohnsitz in einem anderen EU-Staat.

14 Länder erlauben Briefwahl

Ganz allgemein gelten bei der Wahl je nach Mitgliedsland unterschiedliche Bestimmungen bei einer Stimmabgabe aus dem Ausland. In Bulgarien und in Italien ist das nur für Personen möglich, die in einem anderen EU-Staat wohnen.

Eine Briefwahl gibt es in Belgien, Deutschland, Estland, Griechenland, Spanien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Ungarn, den Niederlanden, Österreich, Slowenien, Finnland und Schweden.

In Belgien, Frankreich und den Niederlanden können auch bevollmächtigte Personen die Stimme abgeben. In Estland besteht außerdem die Möglichkeit zur elektronischen Stimmabgabe. In den meisten Ländern dürfen Menschen ab 18 Jahren wählen, in Österreich, Deutschland, Belgien, Malta und Griechenland auch jüngere.

Spitzenkandidat Reinhold Lopatka und ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker haben gestern die eigene Partei angefeuert, auch noch die letzten Stunden für „ein gutes Ergebnis“ bei der EU-Wahl zu kämpfen. Angesichts magerer Umfragewerte stellt man sich in der Parteizentrale auf klare Verluste ein: Fünf Mandate, also zwei weniger als bisher, nannte Stocker als „gutes Ergebnis“.

Nicht dabei beim Wahlkampfabschluss in Wien war Parteichef und Bundeskanzler Karl Nehammer. Die Abwesenheit Nehammers wurde mit der Verabschiedung des ÖFB-Nationalteams Richtung Europameisterschaft gemeinsam mit dem Bundespräsidenten begründet.

„Laufen und kämpfen“

Lopatka verglich den Wahlkampf einmal mehr mit einem Marathon und versprach, die verbleibenden 72 Stunden „zu laufen und zu kämpfen“. Trotz gedämpfter Erwartungen hielt er an seinem Ziel fest, in Österreich erneut mandatsstärkste Partei zu werden und zugleich auf europäischer Ebene mit der Parteienfamilie EVP (Europäische Volkspartei) stärkste Kraft zu bleiben.

Mit der EVP habe die ÖVP das stärkste Netzwerk in Europa, betonte er. Dagegen sei die FPÖ mit der deutschen AfD innerhalb Europas isoliert, „das ist das Gegenteil von dem, was man braucht, um etwas weiterzubringen“, attackierte Lopatka erneut die Freiheitlichen. Die Wahl am kommenden Sonntag sei eine „Richtungsentscheidung“.

Die ÖVP war die erste der im EU-Parlament vertretenen Parteien, die gestern ihren Wahlkampfabschluss veranstaltet hat. Heute halten dann die anderen vier in Brüssel und Straßburg vertretenen Parteien – SPÖ, FPÖ, Grüne und NEOS – ihre Schlusskundgebungen ab, ebenso die erstmals kandidierende Liste DNA. Die KPÖ hat ihre Kampagne bereits am Dienstag abgeschlossen.

Ukraine-Krieg

Frankreich will der Ukraine eine ungenannte Zahl von Kampfjets vom Typ Mirage-2000 überlassen. „Sie ermöglichen es der Ukraine, ihr Gelände und ihren Luftraum zu schützen“, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron gestern in einem Interview mit französischen TV-Sendern in Caen. Er sagte außerdem die Ausbildung von 4.500 ukrainischen Soldaten zu.

Macron bekräftigte seine Bereitschaft, französische Militärausbildner in die Ukraine zu entsenden. „Da sollte es kein Tabu geben“, betonte er. Der ukrainische Verteidigungsminister habe die Alliierten vor zwei Tagen um die Ausbildung innerhalb der Ukraine gebeten, sagte Macron. „Das heißt, es gibt eine Bitte, und immer, wenn es eine Bitte gibt, überlegen wir, wie wir helfen können“, sagte Macron.

Das stelle keine Eskalation dar, sagte er. „Es geht nicht darum, die Soldaten im Kampfgebiet zu schulen“, sagte Macron. Auf die Frage, was passiere, wenn ein französischer Militärausbildner in der Ukraine getötet werde, fragte Macron zurück: „Ist es denn weniger schlimm, wenn ein französischer, deutscher oder britischer Zivilist in der Ukraine getötet wird als ein Soldat?“

Macron will heute den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Elysee-Palast empfangen. Selenskyj trifft außerdem mit dem französischen Verteidigungsminister Sebastien Lecornu zusammen. Dabei sollen mehrere Verträge unterzeichnet werden.

Angesichts der verstärkten Kämpfe in der ostukrainischen Region Donezk haben ukrainische Behörden angeordnet, Kinder und ihre Eltern oder Betreuerinnen und Betreuer aus mehreren Städten und Ortschaften verlegen zu lassen.

Der Gouverneur von Donezk, Wadim Filaschkin, nannte in seiner gestern über soziale Netzwerke verbreiteten Ankündigung unter anderem die Kleinstadt Lyman, das Dorf Prohres und weitere Ortschaften nahe der Front.

„Die Sicherheitslage in der Region verschlechtert sich ständig, und die Intensität des Beschusses nimmt zu“, hielt Filaschkin fest. Die Teilevakuierung sei eine „wichtige Entscheidung mit dem vorrangigen Ziel, die Leben unserer Kinder zu retten“. Filaschkin zufolge wurden am Mittwoch bereits 217 Menschen verlegt, darunter 61 Kinder.

Aufgrund der russischen Offensive in der nordostukrainischen Region Charkiw hatte die Ukraine im Mai zahlreiche Kräfte von anderen Frontabschnitten dorthin verlegen müssen. In der Region Donezk gelang es der russischen Armee, seit der Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Awdijiwka weiter nach Westen vorzurücken.

Ausland

Südafrikas Regierungspartei ANC strebt nach dem historischen Verlust ihrer absoluten Mehrheit eine Kooperation mit allen im Parlament vertretenen Parteien an. „Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir politische Parteien einladen werden, eine Regierung der Nationalen Einheit zu bilden als beste Option, um das Land voranzubringen“, sagte Südafrikas Präsident und ANC-Parteichef Cyril Ramaphosa gestern am späten Abend nach einer mehrstündigen Sitzung der Parteispitze.

Bei der Parlamentswahl am 29. Mai hatte der Afrikanische Nationalkongress (ANC) zum ersten Mal seit 30 Jahren die absolute Mehrheit verloren. Die Partei des einstigen Anti-Apartheid-Kämpfers Nelson Mandela hat nur noch 159 der 400 Sitze im Parlament und kann nicht mehr alleine die Regierung stellen. Bis Ende nächster Woche müssen die neugewählten Parlamentarier eine Regierung bilden und einen Präsidenten wählen.

Eine Regierung der Nationalen Einheit (Government of National Unity) ist eine Art Große Koalition mit allen Parteien, die bei der Wahl Sitze im Parlament gewonnen haben. Eine solche Regierung würde die Wünsche aller Wähler in Betracht ziehen und vertreten, hatte ANC-Sprecher Mahlengi Bhengu-Motsiri zuvor erklärt.

Der ANC könnte somit vermeiden, sich an einen einzelnen Koalitionspartner binden zu müssen – wie beispielsweise die wirtschaftsliberale Demokratische Allianz (DA), die einen großen Teil der ANC-Wählerschaft vergraulen könnte. Eine Regierung der Nationalen Einheit läuft Analysten zufolge jedoch Gefahr, weder stabil noch konsensfähig zu sein.

Der frühere Chefstratege von Ex-US-Präsident Donald Trump, Steve Bannon, soll gemäß der Anordnung eines Richters am 1. Juli eine viermonatige Haftstrafe antreten. Der Bundesrichter gab damit gestern einem Antrag der Staatsanwaltschaft statt.

Bannon war im Oktober 2022 wegen Missachtung des Kongresses zu der Haftstrafe verurteilt worden, blieb aber während eines Berufungsverfahrens auf freiem Fuß. Seine Berufung wurde vor vier Wochen von einem Bundesgericht abgewiesen.

Vorladung vor U-Ausschuss verweigert

Der frühere Chef der ultrarechten Website „Breitbart“ war verurteilt worden, weil er sich geweigert hatte, einer Vorladung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zur Kapitol-Erstürmung vom 6. Jänner 2021 Folge zu leisten.

Mit dem Sturm auf den Kongresssitz in Washington wollten fanatische Trump-Anhängerinnen und -Anhänger verhindern, dass dort der Wahlsieg des heutigen Präsidenten Joe Biden gegen Trump formell beglaubigt wurde.

Bannon war eine zentrale Figur in Trumps Präsidentschaftswahlkampf von 2016. Nach Trumps Wahlsieg wurde er dann Chefstratege im Weißen Haus. Trump feuerte ihn aber bereits im August 2017. Die beiden Rechtspopulisten näherten sich dann aber wieder an. Der 70-jährige Bannon unterhält auch Kontakte zu ultrarechten Gruppierungen in Europa.

Die Vollversammlung der Vereinten Nationen hat gestern Dänemark, Griechenland, Pakistan, Panama und Somalia als neue nicht ständige Mitglieder in den 15-köpfigen UNO-Sicherheitsrat gewählt. Von Jänner 2025 bis Ende 2026 werden die fünf Länder im mächtigsten UNO-Gremium sitzen.

Sie waren alle ohne Konkurrenz angetreten. Im Austausch mit den neuen Mitgliedern werden Ecuador, Japan, Malta, Mosambik und die Schweiz Ende Dezember aus dem Rat ausscheiden.

Der Sicherheitsrat ist das mächtigste UNO-Gremium und hat die Möglichkeit, mit völkerrechtlich verbindlichen Resolutionen zum Beispiel Waffenembargos und Sanktionen zu verabschieden.

Ständige Mitglieder haben Vetorecht

Im Gremium gibt es jedoch eine Zweiklassengesellschaft: Die ständigen Mitglieder USA, China, Russland, Frankreich und Großbritannien haben die Macht des Vetos.

Damit lässt sich jede Entscheidung blockieren, was häufig zu Stillstand im Rat führt. Die auf jeweils zwei Jahre gewählten zehn temporären Mitglieder haben weit weniger Einfluss.

Weitere Mitglieder sind derzeit Algerien, Guyana, Südkorea, Sierra Leone und Slowenien im Sicherheitsrat.

Medien

Der ORF-Publikumsrat hat gestern getagt. Schwerpunkt war das Thema „Kunst und Kultur“. Der Publikumsrat beschäftige sich allerdings auch mit den verbalen Angriffen des FPÖ-Stiftungsrates Peter Westenthaler.

Zum Thema „Kunst und Kultur“ zeigt eine vom Publikumsrat in Auftrag gegebene und in einer vergangenen Sitzung vorgestellte Umfrage, dass sich Umfrageteilnehmer mehr Kulturangebot für Kinder und Jugendliche (43 Prozent) und Kultur aus den Bundesländern (35 Prozent) wünschen.

Kids-Channel und „Literatur to go“ vorgestellt

ORF-TV-Kulturchef Martin Traxl sagte, dass es „ganz wichtig“ sei, Kunst und Kultur an die Jüngsten zu bringen. Man arbeite an einer Reihe für den Kids-Channel in ORF ON, in der man Buch- und Filmtipps bringen wolle. Auch soll ein Format, das für Kinder Musik und Instrumentengruppen erklärt, fortgesetzt werden. Landesstudios sollen stärker eingebunden werden.

Susanna Dal Monte, bei Ö1 für aktuelle Kultur zuständig, stellte etwa das multimediale Projekt „Literatur to go“ vor. Ab Herbst präsentieren dabei junge Schauspielerinnen und Schauspieler Texte österreichischer Autorinnen und Autoren auf unkonventionelle Art.

„Ein Ort am Wort“

Verstärkt will der ORF mit den Leuten im Land in Kontakt treten und diese zu Wort kommen lassen. Das Format „Ein Ort am Wort“, das derzeit vom Landesstudio Niederösterreich abgewickelt wird, soll auf alle Landesstudios ausgedehnt werden. Darin wird unter der Leitung von Werner Fetz über Themen diskutiert, die die Bevölkerung beschäftigen, etwa die Rückkehr des Wolfs, Vollspaltenböden in der Schweinezucht und Skifahren.

Es sei „ein Stammtisch, aber kein derber“, so ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Man höre einander zu, tausche unterschiedliche Standpunkte aus. Das sei „demokratiepolitisch wichtig“.

Debatte über Westenthaler-Attacken

Auch Westenthalers verbale Angriffe auf den ORF beschäftigen nicht nur seine Kollegen im ORF-Stiftungsrat, sondern auch den ORF-Publikumsrat. Bei der Sitzung zeigten sich mehrere Rätinnen und Räte darüber erstaunt, dass der ORF so verhalten auf Westenthalers Äußerungen reagiert. Es wurde überlegt, selbst ein Zeichen zu setzen. Weißmann blieb bei seiner Linie, seinen Aufsichtsrat, also den Stiftungsrat, nicht zu kommentieren.

Weißmann räumte indes mit einer kürzlich von Westenthaler gemachten Aussage auf, wonach die Ausschreibung des ORF für die wissenschaftliche Wahlbegleitung nach dem Ende der Kooperation mit SORA auf das Nachfolgeinstitut Foresight zugeschnitten gewesen sei. Die internationale Ausschreibung sei in Zusammenarbeit mit einem renommierten Vergaberechtsexperten erfolgt. Es seien zwei Unternehmen im Rennen, so Weißmann.

Science

Der mit zwei NASA-Astronauten besetzte „Starliner“ hat an der Internationalen Raumstation (ISS) angedockt – auf dem Weg dahin aber noch einmal mit zahlreichen technischen Problemen gekämpft.

Das krisengeplagte Raumschiff konnte heute nach Problemen mit den Triebwerken erst im zweiten Anlauf an die ISS andocken, wie Livebilder der US-Raumfahrtbehörde NASA zeigten. Der mit dem „Starliner“ geflogene NASA-Astronaut Barry Wilmore und die Astronautin Suni Williams sollen rund eine Woche an Bord der ISS bleiben.

Zuvor waren an dem Raumschiff bereits zwei neue Heliumlecks aufgetreten. Bereits vor dem Start war ein Heliumleck entdeckt worden, das aber nach Einschätzung der NASA keine Gefahr für den Flug dargestellt hatte. Alle drei Lecks würden nun beobachtet, Ventile seien geschlossen worden und das Raumschiff sei weiter stabil, hieß es von der NASA.

Jahrelange Verzögerungen

Der „Starliner“ – ein teilweise wiederverwendbares Raumfahrzeug, das aus einer rund drei Meter hohen Kapsel für die Besatzung und einem Servicemodul besteht und im Unterschied zum „Crew Dragon“ nicht auf dem Wasser, sondern auf der Erde landet – war gestern nach jahrelangen Verzögerungen erstmals zu einem bemannten Testflug aufgebrochen. Der Testflug war zuvor wegen verschiedener technischer Probleme an Raumschiff und Rakete mehrfach verschoben worden.

Im Mai 2022 hatte der vom US-Flugzeugbauer Boeing entwickelte und gebaute „Starliner“ erstmals einen erfolgreichen unbemannten Flug zur ISS absolviert und dort vier Tage verbracht – ein wichtiger Test für das Raumschiff. Künftig soll es als Alternative zur „Crew Dragon“-Raumkapsel von SpaceX Astronauten zur ISS transportieren.

Wegen einer Reihe von Problemen liegt das Projekt allerdings weit hinter dem Zeitplan, während der „Crew Dragon“ schon seit einigen Jahren regelmäßig Astronauten zur ISS bringt.

Panorama

Eine Bluse der Nobelmarke Louis Vuitton sorgt für Ärger in Rumänien. Das Kleidungsstück des Designers Nicolas Ghesquiere erinnere stark an die traditionelle Bluse „ie“, so das Kollektiv La Blouse Roumaine, das sich der aufwendig bestickten rumänischen Bluse widmet. Vor zwei Jahren wurde das Kleidungsstück in die UNESCO-Liste des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.

„Wir müssen unser immaterielles Kulturerbe schützen. Es ist unser kulturelles Recht, unsere Identität durch diese Kleidungsstücke, durch diese traditionellen Kostüme auszudrücken“, sagte Andreea Diana Tanasescu, die Gründerin von La Blouse Roumaine, gegenüber der Agentur AP. „Sie sind Teil der rumänischen Geschichte.“

Das Kollektiv beschuldigte Louis Vuitton der „kulturellen Aneignung“ und forderte es auf, die Bluse aus der Kollektion zu nehmen und eine Zustimmung zur Verwendung des Musters einzuholen.

Zwei Frauen, die traditionelle rumänische Blusen „ie“ tragen
AP/Vadim Ghirda

Kulturministerin schritt ein

Auch die rumänische Kulturministerin Raluca Turcan mischte sich indes ein: Sie kündigte an, das Luxusmodehaus zu einem Eingeständnis aufzufordern, dass die traditionelle rumänische Bluse als direkte Inspiration diente. „Wir werden Louis Vuitton bitten, das Erbe und den kulturellen Wert des traditionellen Blusenmodells mit Bändern anzuerkennen“, schrieb sie auf Facebook.

Es ist nicht das erste Mal, dass Modehäuser beschuldigt werden, sich rumänischer Muster zu bedienen. 2017 rügte La Blouse Roumaine die US-Designerin Tory Burch wegen der Ähnlichkeiten zwischen einem traditionellen Mantel im rumänischen Stil und einem Stück aus ihrer Kollektion, das sie noch dazu als „afrikanisch inspiriert“ beworben hatte. Burch änderte später die Beschreibung des Kleidungsstücks und erklärte, dass sie „einen Hinweis auf einen wunderschönen rumänischen Mantel“ übersehen habe, der als Inspiration gedient habe.